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Ruhe. Innere Ruhe, die sie so sehr brauchte und so wenig zu verlangen vermochte. Als die letzten Blätter der alten Eiche zu Boden fielen stand sie wie angewurzelt da und versank in ihren unsäglichen Grübeleien. Tiefe Atemzüge brachten sie zurück ins Hier und Jetzt. Zumindest für ein paar Sekunden.

Unglaublich, dass morgen November ist.

Dicke Regentropfen prasselten auf seinen Mantel. Er fröstelte und zog er den Stoff enger an seinen Körper. Die warmen Sommertage neigten sich dem Ende zu, die Sonne verzog sich hinter dicken Wolkenschichten und der Herbst stand vor der Tür. Seine dunklen Pupillen fokussierten die Ferne.

Ihr Weg kreuzte Täler, tiefe Schluchten und kaum erklimmbare Gipfel voller Wetterkapriolen. Sie wusste, dass sie diesen Weg allein beschreiten und all ihre Kräfte mobilisieren musste, um letztlich, wenn auch sehr langsam, vorwärts zu gelangen. It's been a ride!

Sie hatte sich entschieden, Stärke bewiesen und so ihrem Gedankenkarusell ein wenig den Wind aus den Segeln genommen. Es überraschte sie, wieviel Mut und Wachstum in ihr steckte. Der warme Wind fachte auf und wirbelte ihr offenes Haar umher, als sie sich auf die Reise begab.

Zwischen all den Wirren in Ihrem Kopf erkannte sie in der Ferne einen kleinen Lichtschimmer, der ihr Hoffnung gab. Wieder reite sich ein winziges Puzzlestück in das ungeheuer unscharfe Bild, das ihr ihren weiteren Weg eben sollte. Sie zog ihre Schnürstiefel fest an und machte sich entschlossen auf.

Erdbeermond! 🍓🌕

Welke Herbstblätter flogen ihr um die Nase und sie hatte Mühe, ihre Kapuze an Ort und Stelle zu halten. Dieser Sturm schien etwas anzukündigen, sie war sich nur noch nicht sicher, was. Hoffnungsvoll blickte sie in den Himmel und wusste insgeheim, dass letztlich alles gut werden würde.

Sein Herz klopfte laut in seiner Brust, als er ihr die Neuigkeiten beichtete. Tröstend nahm sie ihn in den Arm und versicherte ihm, all das trotzdem meistern zu können. Er sank erleichtert zusammen und dachte lächelnd an die kostbare Postkarte, auf der "Du bist nicht allein!" notiert war. Wie wahr!

Er hatte das Gefühl, er hätte alles schon gesehen. Alles wiederhole sich und es gäbe nichts Neues mehr zu entdecken. Und Menschen würden immer dieselben Fehler wiederholen - seit Anbeginn der Zeit. Aber dieses Denken war zu eindimensional. Es gibt kein schwarz oder weiss. Kein ganz oder gar nicht.

Ruhe. Mehr brauchte es nicht, einfach nur Ruhe. Doch das musste sie sich erst einmal eingestehen. Gar nicht so leicht und letztlich doch so simpel.

Wieso war er stehen geblieben? Was hatte ihn abgelenkt? Konzentriert beobachtete sie ihn vom Nachbargleis aus. Bei den Lichtverhältnissen war es unwahrscheinlich, dass er sie bemerkte. In Gedanken zeichnete sie mit den Fingerspitzen seine sexy Gesichtszüge nach und konnte seine Lippen schmecken.

Der Himmel hatte sich zugezogen, die letzten Sonnenstrahlen waren verschwunden. Sie bemerkte die schummrigen Lichtverhältnisse und blickte von ihrem Buch auf. Zeit für einen Kaffee und eine dieser köstlichen Zimtschnecken. Vielleicht hatte er ja Lust, ihr Gesellschaft zu leisten?

Wieso aufgeben, dachte er. Alles braucht seine Zeit und Ungeduld brachte ihn jetzt erst recht nicht weiter. Also ein Schritt nach dem anderen, so schwer es auch sein mag. Am Ende wird alles gut. Du wirst schon sehen.

Gedankenverloren starrte er in die Ferne. Es war kalt geworden und die Baumkronen verloren langsam ihre Blätter. Erst jetzt bemerkte er, wie lange er schon hier gestanden hatte und der Kälte in seinem dünnen Shirt völlig ausgeliefert war. Er dachte an das heimelige Cafe am Ende der Straße. Und sie.

Die Dämmerung tauchte die gegenüberliegenden Dächer in ein schummriges Blau. Verschlafen starrte sie zum Nachbarfenster, in dem eine kleine Lampe freundlich brannte. Der Tag war nahezuh vorüber, es hatte nichts gegeben, wozu sie heute Lust gehabt hätte und so wickelte sie sich zurück in die Decke.

Bleiernde Müdigkeit übermannte ihn, als er mitten in der Nacht aus dem Schlaf taumelte. Er brauchte mehrere Momente, um sich zu orientieren, streifte die viel zu warme Decke ab und hielt sich den Kopf. Durch das offene Fenster drang der gleichmäßige Klang rotierender Autoreifen auf nassem Asphalt.

Schwere Regentropfen trafen auf das winzige Küchenfenster. Gedankenversunken sah sie auf und beobachtete, wie die Baumkronen im Vorgarten durch immense Böen in alle Richtungen gewuchtet wurden. Die heisse Teetasse in Ihren Händen wärmte sie, während sie die Wolldecke enger um die Schultern zog.

Die einstige Schwere des grauen, wolkenverhangenen Himmels konnte ihr heute nichts anhaben. Sie verspürte Hoffnung und Zuversicht. Der Sturm in ihr hatte sich ein Stück weit gelegt.

Durch die schweren Vorgänge bahnte sich ein warmer Sonnenstrahl und streichelte sanft ihr Handgelenk. Feine Staubkörnchen tanzten unmerklich durch den Raum. Müde blinzeld fuhr sie sich mit den Händen durch ihre dunkle Haarpracht. Der Duft von Zimtschnecken und frischem Kaffee betörte ihre Sinne.

Entschlossen bahnte er sich seinen Weg durch die Menschenmassen zur U-Bahn. Seine trockene Kehle samt dem metallischen Geschmack ignorierte er gekonnt, er vermochte nun ohnehin nichts mehr auszurichten. Eine winzige Träne blitze aus seinem linken Augenwinkel hervor, die er rasch wegwischte.

Die Hitze machte ihr zu schaffen. Erschöpft fuhr sie sich mit dem Öl verschmierten Unterarm über die Stirn, um die unzähligen Schweißperlen aufzufangen. Verstohlen blickte er zu ihr hinüber und biss sich auf die Unterlippe. Nie im Leben würde er bereit sein, ihr die Wahrheit zu sagen.

Verstört erwachte sie aus einer Odysse von Albträumen. Warme Sonnenstrahlen fielen auf ihre nackten Schultern, ihr Shirtträger war im Schlaf heruntergeruscht. Benommen setzte sie sich auf und band sich das Haar rasch zu einem unordentlichen Dutt zusammen. An den Türrahmen gelehnt lächelte er sie an.

Das Lichtermeer auf dem Highway vor der Stadtgrenze beruhigte sie. Erst jetzt bemerkte sie, wie erschöpft sie war und ihre Augen jeden Moment der Schwere nachgeben würden. In der Ferne erkannte sie die Vorzeichen eines brodelnden Unwetters. Sie nahm die Ausfahrt, um endlich Rast zu machen.

Das grelle Licht der Straßenlaterne blendete ihn, als er in die eiskalte Nacht hinaustrat. Der vertraute Geruch von Tabak und Alkohol stieg ihm in die Nase. Doch er würde es keine Minute länger hier aushalten. Er musste weg. Weg aus dieser Stadt. Weg von seinen Erinnerungen. Weg von ihr.

Verlegen blickte sie gen Himmel. Vor ihr türmten sich aberwitzige Wolkenkonstellationen auf und die Sonne blinzelte ihr müde entgegen. Die kühle Herbstbrise ließ sie frösteln und ihre Augen verengten sich. Ihr Kopf raste.
Sanft legte er ihre Hand in seine und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn.

Hi!🍓